Legenden von Myra[RPG]

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    • Sie hatten sich eilig die Überwürfe angezogen, die ihnen zur Verfügung gestellt wurden. Ihre eigene Kleidung wurde erst noch gewaschen. Dies war in den drei Silberlingen inbegriffen gewesen. Es machte auch wenig Sinn, sich zu waschen und dann wieder in verdreckte Klamotten zu schlüpfen.
      Nun standen sie im Büro des Stationskommandanten, während langsam das Wasser seinen Rücken runterlief. Bei Lya war es noch schlimmer, da ihr längeres Haar genug Wasser aufgenommen hatte, um von der Schulter abwärts ihr Gewand gründlich zu durchfeuchten.
      "Ihr habt eine Beschwerde vorzubringen?", fragte er träge und ließ seine Finger auf seinen beachtlichen Bauch tänzeln.
      "Wie kommt eine Gruppe Dämonen dazu, mich und meine Begleiterin hier mitten in der Festung anzugreifen?", fauchte Yas ungehalten. Die Bewegungen der Finger hörten schlagartig auf.
      "Was?", fragte er mit hochgezogener Augenbraune.
      "Eine Gruppe von Katzendämonen, der wir vor anderthalb Wochen entkommen konnten, hat uns hier angegriffen. Was sind das hier für schlechte Bannkreise?"
      "Wir haben keine Bannkreise, Magie ist etwas Böses", entgegnete der Kommandant ablehnend. Yas stöhnte auf.
      Natürlich war Magie etwas Böses. Er spürte manchmal selbst das Ziehen der Magie in ihn, wenn es ihm dazu rief. Aber er hatte keine magische Ausbildung in jungen Jahren erhalten und jeder Griff zu dieser übermächtigen Macht würde für ihn in einen Feuersturm enden. Ironischerweise glaubte er genau zu wissen, dass sein Element Feuer war.
      "Aber das Ziehen eines Bannkreisen ist keine Magie", wehrte Yas ab und blickte sich dann noch einmal genauer um. Genauer gesagt, untersuchte er den Kommandanten, ob er eine dämonische Aura hatte, oder irgendwer anderes hier im Raum. Das würde einiges erklären.
      Aber es war nichts festzustellen. Der Kommandant war ein normaler Mensch, nur halt ein strohblöder mit etlichen Vorurteilen. Aber die Dummen konnte man nicht durch Argumente überzeugen.
      Jedoch bemerkte er etwas anderes. Der Soldat hinter ihm, hatte eine dämonische Eintrübung. Er ignorierte die unfreundliche Erwiderung des Kommandanten und blickte den Wächter dafür genauer an. Der Mann schwitze mit kalten, fiebrigen Schweiß und schien geschwächt zu sein.
      "Halte deine Hand in Nessellauge", riet er ihm. "Dann sollte es Übermorgen abgeheilt sein."
      Der Soldat zuckte zusammen. "Der Feldscher meinte Salzlauge", stammelte er. Yas runzelte die Stirn.
      "Zeig mir mal deine Hand", bat er und zog ihm den Handschuh ein Stück runter. Der Stich war kreisrund und an den Rändern bläulich verfärbt.
      "Das ist ein Kranzstecher, keine Nord-Insekten. Also Nessellauge!", erklärte er. Dann stutzte er einen Moment und drückte den Soldaten gegen die Wand. "Und wo ich gerade schon hier bin."
      Yas sprach ein Wort und ein schwarzer Schauer brach aus dem Mann hervor und verlosch so schnell, dass niemand sicher sein konnte, dass er das gesehen hatte, was er glaubte.
      Der Mann keuchte und zitterte, aber es ging ihn spürbar besser, als noch vor wenigern Momenten. Der andere Soldat war ängstlich zurückgewichen und ließ seine Hände nicht mehr von seinem Speer.
      "Dämonenbeißer", erklärte Yas geschäftsmäßig, als sei nichts Außergewöhnliches passiert. "Du müsstest vor etwa zwei Jahren gebissen worden sein. Das passiert halt, wenn man keine Bannkreise um sich herum hat", sagte er in Richtung des Kommandanten. Der nahm den Seitenhieb ohne mit der Wimper zu zucken mit. Dann sagte er augenzwinkernd zu Lya: "Merk dir das genau. Dämonenbeißer kommen nachts und werden von warmen Körpern angezogen. Ein Biss dieser kleinen Biester sorgt für etwas über drei Jahre lang dafür, dass man sich schlapp fühlt."
      "Das alles wäre nicht nötig gewesen?", fragte der Soldat schwach.
      "Wolltest du unbedingt noch ein Jahr so weiterleben?", fragte Yas sarkastisch und wandte sich nun an Lya. "Schnapp dir dein Buch. Du wirst heute viel zu schreiben haben. Wir gehen runter in die Quartiere und werden hier mal aufräumen. Wenn ihr Soldaten uns dafür heute Nacht besonders gut bewacht", schloss er. Lya und er waren außerhalb der Postreiterstation noch ungeschützter als drinnen und außerdem war ihre Kleidung noch immer nicht trocken.
      "Ach, und übrigens", er wandte sich wieder den Soldaten zu: "Du solltest Fleisch, fettiges Essen und Alkohol meiden, wenn du noch die nächsten zehn Jahre erleben willst."
      Dann wandte er sich an den Kommandanten: "Dasselbe würde ich auch Euch raten. Außerdem werden wir die Nacht hier verbringen, ob es Euch passt oder nicht."
    • Lya hatte an diesen Abend viel zu schreiben gehabt. Wie nicht anders zu erwarten, hatten zahlreiche Soldaten in der Garnison kleinere gesundheitliche Probleme. Das war nicht verwunderlich, bei einem so nachlässigen Kommandanten. Der Feldscher schien auch nicht gerade der Beste zu sein. Zudem brachte Yas ihr viel über Bannkreise bei, als er langsam um die Postreiterstation rumging und Schutzrunen auftrug. Wobei ihn die zahlreichen schadhaften Stellen im Palisadenwall verärgerten. In Cyvyer hätte man niemals eine Festungsanlage, ganz gleich wie klein sie war, derart verfallen lassen.
      Außerdem brachte er Lya das Wichtigste bei; niemals einer fremden Macht, die sie zu locken schien, nachzugeben. Ganz gleich ob dämonischen Ursprungs, oder ob es Teil des Weltgefüges war. Ein Griff zu dieser Macht löste unweigerlich einen Feuersturm aus. Und das wäre echte Verschwendung. Ganz zu schweigen davon, daß es ihn dann gleich mit erwischen würde.
      Als er sich spätabends sein Zimmer zeigen lassen wollte, war er dementsprechend gerädert. Müde folgte er der dicklichen, älteren Magd die Stiege nach oben. Die wuchtigen Eichenbalken knarrten nicht, wie Yas innerlich befürchtet hatte. Ganz gleich in welchen schlechten Zustand der Laden hier auch war, das Haupthaus wurde anscheinend gepflegt.
      Murmelnd wies die alte Magd mit dem Kerzenhalter auf eine der Zimmertüren.
      „Komm Lya“, sagte er gähnend zu ihr und öffnete die Tür. Die alte Frau hinter ihm schrie plötzlich empört auf: "Wie? Ihr und sie in einen Zimmer, das geht doch nicht.“ Sie plusterte sich richtig auf. „Das ist ...unschicklich.“
      Yas Nerven waren ohnehin schon angespannt, aber jetzt rissen sie: „Wir ziehen hier schon seit Wochen zusammen durch das Land. Ich hab sie schon in jeder Lebenslage gesehen. Ich sage es noch mal ganz klar; wir werden das Zimmer hier gemeinsam beziehen! Und noch etwas: Das wäre gar nicht nötig, wenn ihr unfähiger Kommandant nicht so unfähig wäre. Jetzt sind Dämonen hinter uns her und das ist jetzt hier die einzige Möglichkeit, uns gegenseitig Schutz zu geben! Klar?“
      Über Lyas Lippen stahl sich ein leichtes Lächeln, als er die Magd so runterputzte und sie schlüpfte eilig in das kleine, dunkle Zimmer. Yas folgte ihr, während sich die Magd langsam aufzublähen schien und ihrer Empörung Luft zu machen. Aber er war wütender und schneller. Er knallte die Tür hinter sich zu und brüllte zornig gegen die Tür: „Primitive! Alles Primitive hier!“
      Er war sich sicher, daß man ihn auf der anderen Seite noch klar hören konnte.
      Als sich seine Augen an das Dämmerlicht in den kleine Zimmer gewöhnt hatten, erblickte er ein recht schmales Bett, auf das allerdings frische Laken aufgezogen waren. Die Decke war sehr niedrig, am Bett sogar kaum mehr als einen Meter hoch. Und das Fenster war sperrangelweit auf, damit der muffige Geruch in den Zimmer sofort abziehen konnte. Yas erinnerte sich immer noch schmerzlich an die drei Silberlinge. Also würden sie die Nacht etwas enger aneinander gedrängt schlafen, als sie es in der Wildnis für normal taten.
      „Hilft ja nichts und ich bin müde“, murmelte er und legte sich hin. Gleich darauf kuschelte sich auch Lya in das Bett und rückte etwas näher zu seinen Körper hin, als nötig gewesen war. Langsam schloß Yas die Augen. Der Tag war ereignisreich und anstrengend gewesen und er brauchte jetzt jede Minute Schlaf, die er kriegen konnte

      Er erwachte mitten in der Nacht, mit dem sicheren Gefühl beobachtet zu werden. Als er die Augen aufschlug, zog er erschrocken die Luft ein. Mehrere dunkle Gestalten standen vor seinem Bett. Sie wirkten irgendwie deformiert, bis er etwas Rotes in ihren Augen aufleuchten sah und Krallen in der Dunkelheit aufblitzten.
      Er zuckte zusammen und zog erschrocken Lya zu sich, die daraufhin auch wach wurde.
      „Abend“, schnurrte die sprechende Katze. Lya zuckte zusammen. Sie erkannte ohne hinzusehen, wer das war und schien vor Angst zu erbeben. Wimmernd zog sich an seine Brust fest.
      Bevor er noch was tun konnte, huschte eine der Katzenwesen über ihn und legte sich auf ihn. Yas spürte kaum ein Gewicht. Er wußte nicht, was das jetzt werden sollte, aber gerade als er noch darüber nachdachte, ob er sie einfach bannen sollte, spürte er plötzlich scharfe Krallen an seinen Hals. Seine Bewegung erstarrte. Und sei Gehirn fing an zu arbeiten.
      Sei wollten nicht seinen Tod, das war offensichtlich. Ansonsten wäre er gar nicht mehr aufgewacht. Also war es besser, wenn er einfach mitspielte. Die Katzenmädchen wollten etwas von ihm. Vermutlich Lya. Wenn sie versuchten sie ihr wegzunehmen, würde er angreifen müssen, auch auf das Risiko, daß das Katzenmädchen ihm den Hals aufschlitzte.
      Die Gedanken der Katzenmädchen gingen wohl in ähnliche Gedanken, denn ein zweites Katzenmädchen quetschte sich unter den engen Dachbalken hindurch du legte sich auf ihr Kopfkissen. Plötzlich spürte er auch ihre scharfen Krallen an seinen Hals. Zwei Dämonen auf einmal zu bannen, würde auch für ihn eine Herausforderung sein. Ein weiteres Katzenmädchen legte sich genau hinter Lya und begann sich dort an ihren Körper zu kuscheln, während die Sprecherin sich am Fußende bequem machte und sich auf ihre Beine legte.
      Nun verstand Yas überhaupt nichts mehr. Die Katzenmädchen schienen keinen Angriff zu wagen und machten auch, soweit er das beurteilen konnte, keinerlei Versuch einer dämonischen Attacke. Sie schienen sich einfach nur in ihren Bett zum schlafen hingelegt zu haben.
      Seine Gedanken rasten. Warum machten sie das? Warum kuschelten sie sich an einen Priester an, der sie mit einer einfachen Bewegung vernichten konnte? Es war nicht so, daß sie ihm Unwohlsein bereiteten. Ihre Körper waren sehr leicht, es war vielmehr eine atmende Decke, aber das verwirrte ihn um so mehr. Sie schienen seine Nähe geradezu zu suchen.
      Die Katzenmädchen schienen zu schlafen, wobei sich Yas da keinen Illusionen hingab. Er hatte noch nie davon gehört, daß Dämonen Schlaf brauchten. Lya zitterte in seinen Griff, während das Katzenmädchen hinter ihr, wohlig zu schnurren anfing.
      Er wußte nicht, wie lange er wach lag und grübelte, bis es plötzlich so laut in seinen Kopf „klick“ machte, daß er glaubte, die Katzenmädchen hätten es hören können.
      Die wollten sie nicht angreifen,- die suchten Schutz. Nur so war es zu erklären, warum sie sich mitten in der Nacht, in einer menschlichen Festung aufhielten, wo überall Schutzrunen aktiv waren und sich ausgerechnet in dem Zimmer eines Priesters einkuschelten.
      „Ihr sucht also Schutz“, murmelte Yas halblaut. Vier Paar Katzenohren zuckten. Er hatte also ins Schwarze getroffen. Lya horchte auf, auch wenn sie nach wie vor total verängstigt war.
      „Muß ja ein echt fieser Dämon sein, von dem ihr euch so fürchtet“, fügte er an. Zwei der Katzen wurden unruhig. Plötzlich war die Sprecherin über ihn: „Was weißt du schon“, fauchte sie ihn an. So aus der Nähe, konnte er das schnurrende Timbre ihrer Stimme deutlich raushören. Ihre Pfoten stachen mitten in seine Rippen und obwohl sie nicht viel wog, war es dennoch unangenehm. Etwas, was das Katzenmädchen wohl mit voller Absicht tat, wie ein Funkeln in ihren Augen klar machte.
      „Ich will keinen Streit mir euch“, lenkte Yas ein. „Tut mir Leid.“
      „Gut“, knurrte sie und legte sich auf seine Hüfte.
      Yas entschloß sich dazu zu schlafen. Er konnte ohnehin nichts anderes tun und die Katzenmädchen wollten ihn ganz offensichtlich als eine Art menschliches Schutzschild haben. Solange sie dabei Lya in Frieden ließen, konnte er damit leben. Irgendwie zumindest.
      Auf jeden Fall waren sie eine erfreuliche Abwechslung in diesem muffigen Zimmer. Nicht nur, weil sich Lya dank ihnen so eng an Yas einkuschelte, wie noch nie. Sonden hauptsächlich, weil ihr Körpergeruch deutlich angenehmer war, als der muffige Geruch hier im Zimmer. Sie rochen nach würzigen Wald, sauberen Schweiß und nassen Fell, aber auf einer angenehmen Art und Weise. Allerdings war ihre dämonische Aura im höchsten Maße störend. Jede Faser seines Körpers vibrierte vor der düsteren Ausstrahlung der vier Katzendämonen. Seine Priesterausbildung machte sich sehr störend bemerkbar. Aber er entschloß sich dazu, den Kopf frei zu machen und die Augen zu schließen. Trotz des Adrenalins, das durch seine Venen peitschte, siegte die Müdigkeit, sobald er die Augen geschlossen hielt und war bald darauf eingeschlafen.
    • Als er am nächsten Morgen aufwachte, hatte sich im Zimmer nicht viel verändert. Lya schlief nicht mehr eng an ihn gekuschelt, sondern lag nun in den Armen eines der Katzenmädchen. Aber er vermutete ganz stark, daß das weniger Lyas Verdienst war, sondern das Katzenmädchen sie die Nacht Stück für Stück zu sich gezogen hatte.
      Ansonsten lag das Katzenmädchen mit den scharfen Krallen nicht mehr auf ihn, sondern hinter ihm, ihren Arm nur nachlässig um seinen Hals gelegt und das ohne Krallen. An den tiefen Atemzügen, die in seinen Nacken pusteten, konnte er außerdem erkennen, daß sie tief und fest schlief. Er bezweifelte, daß das so Absicht war. Sie schien mitten in ihrer Nachtwache eingeschlafen zu sein.
      Yas stieß mit dem Schenkel gegen die Sprecherin, die immer noch auf seinen Beinen lag, aber hellwach war.
      „Die Kleine schläft“, wisperte er ihr grinsend zu und deutete auf die Katze neben ihm. Sofort wurde die Schläferin von zwei der anderen Katzen rüde angestoßen und angefaucht.
      Ein verwirrtes, schlaftrunkenes Fauchen antwortete und sie ließ ihre Krallen aufschnappen und hielt sie ihm wieder an die Kehle. Einen Moment später ließ sie die Krallen wieder einfahren, zog Yas Körper zu sich und schloß wieder erschöpft die Augen. Sie brauche ganz offensichtlich noch etwas Schlaf und es war genauso offensichtlich, daß Yas nicht vorhatte, den Katzenmädchen zu schaden. Nach wenigen Momenten war sie wieder eingeschlafen.
      Yas verschränkte die Arme und versuchte ebenfalls noch etwas zu schlafen, er konnte ohnehin nicht weiter, solange der Großteil der Gruppe noch selig schummerte. Aber die Sprecherin der Katzen hatte andere Pläne. Sie tappte auf seine Schulter und sah ihn raubtierhaft an. Ihre Augen schimmerten seelenlos schwarz und ein gieriges, rotes Funkeln strahle unablässig daraus. Ihre dunkle Aura tat ein Übrigens dazu, daß sich Yas alles andere als wohl fühlte.
      Langsam setzte sich auf ihren Gesicht ein gieriges Lächeln durch, als ob das, was sie sah, ihr gefiel.
      „Sie mag dich“, kicherte Lya, die sie beobachtet hat.
      „Und Siam mag dich“, entgegnete diese, ohne den Blick von Yas abwenden zu wollen. Lya hingegen zuckte zusammen, während das Katzenmädchen hinter ihr schnurrend anfing, mit ihren Pfoten Lyas Rücken herunterzufahren.
      „Aber ... das geht doch nicht“, stammelte Lya entsetzt. „Ich mein...das ist...“
      Irgendwie fand Yas das süß, wie sich Lya sträubte. Nach wie vor fuhr die Katze mit ihren Pfoten ihren Rücken rauf und runter und stieß dabei ein beruhigendes Schnurren aus. Er konnte sehen, wie sehr Lya dies gefiel, und wie sie verzweifelt versuchte, sich das nicht einzugestehen.
      „Ihr hab Namen“, fragte Yas verwundert, woraufhin die Sprecherin ihn böse anguckte und mit ihren Krallen in die Seite stieß.
      „Natürlich haben wir Namen. Das dahinten ist Jagu, neben dir schläft Chin und ich heiße Indi.“
      „Wenn du deine Krallen einziehst, entschuldige ich mich“, stieß Yas hervor. Lya kicherte leise, aufgrund seiner reichlich undiplomatischen Art und gab sich nun ganz der angenehmen Massage von Siam hin. Er konnte sich vorstellen, daß es durchaus angenehm war, mit den Pfoten über den Rücken gestreichelt zu werden, aber Chin hinter ihm schlief nur. Und Indi schien eher Spaß daran zu haben ihn zu pieken und zu quälen.
      Irgendwie konnte er ihnen aber auch nicht böse sein. Sie suchten Schutz und waren selbst Gejagte. Und sie unterdrückten jegliche dämonische Neigung, bloß um ihn und Lya zu gefallen, obwohl das völlig entgegen ihrer üblichen Natur sein müßte.
      „Also sehen wir euch nachher hinter der Palisade wieder?“, fragte er und rieb sich unauffällig die Seite. Er ärgerte sich, daß er nicht sein Priestergewand trug, denn darin hätte er den Stich kaum gespürt. Außerdem fand er die Katzenmädchen von Minute zu Minute anziehender und dieses leichte Gewand verbarg das kaum.
      Als Indi nicht sofort antwortete, machte es erneut „klick“.
      „Ihr seid gar nicht über die Palisade gekommen. Ihr habt euch hier im Haus versteckt, während ich draußen die Runen angebracht habe.“ Ein Puzzleteil nach den nächsten setzte sich vor seinem geistigen Auge zusammen. Die Begegnung im Bad war reines Kalkül gewesen, damit er den Schutz verstärkte.
      „Sie sind cleverer als du, was?“ spottete Lya kichernd, die es ebenfalls begriffen hatte.
      „Und?“, fragte das Katzenmädchen fies grinsend. „Weißt du, wie wir wieder rauskommen?“
      „Versucht es über die Fenster des Obergeschosses. Die liegen über den Wall und damit reichen die Schutzrunen kaum dahin.“
      “Waren wir etwas die ganze Zeit angreifbar?“, fragte das Katzenwesen lauernd.
      „Du hast die Palisade doch selbst gesehen“, gab er verärgert von sich. „Da sind klaffende Lücken drin. Kaum ein Schutzzauber der da wirkt.“
      „Ich weiß“, jetzt schnurrte sie wieder. „Über eine der Lücken sind wir auch reingekommen.“
      „Gut“, grummelte Yas, verschränkte wieder die Arme vorm Oberkörper und schloß die Augen. „Weckt mich, wenn alle bereit sind.“
    • In den vergangenen Wochen gruben sie ihr altes Reich, den Stollen, wieder komplett aus.
      Sie stabilisierten und beleuchteten ihn wie zuvor mit Ranken und florenzierenden Blüten.
      Außerdem hatten die beiden nun ihre nähere Umgebung ausgekuntschaftet und wussten dadurch, das die Aufregung über die verschwundenen Sachen sich bereits wieder gelegt hatte und es im Dorf nach einigen Anprangern und Schlägereien so ruhig wie zuvor daherging.
      Da sie sehr vorrausschauend waren, hatten sie die Rankenbrücke und die vorherrschende Illusion der zerstörten Brücke vorerst entfernt.

      Das Hauptgewölbe der alten Miene war in der zwischenzeit zu einem prächtigen Zimmer Herangewachsen, was man mit einer Königsbehausung gleichsetzen konnte.
      Neben den nun von verschiedensten Blüten und Blättern verzierten Bett war der Boden flauschig weich. An einem Teil der Wand hingen große wie Schalen geformte Blätter die Wasser aus einem Stängel sammelten, dieser hatte sich in der Zeit tief tief in den Grund gegraben und zapfte dort Trinkwasser ab. An der gegenüberliegenden Wand hingen hingegen verzierte Vitrinen, nur ohne Inhalt oder Glasscheiben. Diese wären auch nicht nötig, denn um die Öffnungen gab es viele doch recht prachtvolle Dornen. Diese würden einem Dieb die gierigen Hände zerstechen, wie ein Schwarm verrückter Bienen.
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      es war einmal....
      Tsuki tenshi QQ
    • Ein paar Stunden später wanderten sie gemeinsam über einen Trampelpfad nach Buren. Der Pfad war etwas direkter und damit schneller, als die Straße. Er war für Soldatentrosse gedacht, oder vielleicht mal einen Meldereiter darum war es unwahrscheinlich, daß sie jemanden begegneten, da Siedler mit ihren Gespannen nicht hier durchkamen. Und es war verwinkelt genug, daß die Katzenwesen schnell in die Büsche springen konnten, falls doch wer vorbeikam.
      Das Reisen mit den Katzenmädchen hatte einige Vorteile, aber auch einige Nachteile. Zum einen bremsten sie Lya stark aus, weil sie ständig mit ihr spielen wollten. Aber auf der anderen Seite boten sie einen angenehmen Anblick und hielten ihnen die meisten kleineren Dämonen vom Leib. Sogar Lya schien sich mit ihnen angefreundet zu haben, denn sie hatte Chin bei sich und tastete ihre Pfote langsam ab. Verwundert trat Yas zu ihnen hin.
      „Miau, Yas“, sagte Lya nur und ließ sich ansonsten nicht von ihm stören. Sie schien von den Katzenmädchen richtig fasziniert zu sein. Und die Katzenwesen genossen ihre Aufmerksamkeit sichtbar in vollen Zügen.
      Langsam zupfte Chin an der Robe von Lya und sah sie miauend an.
      “Chin möchte wissen, warum du in einer so schlechten Gewandung herumläufst“, übersetzte Indi für sie, die plötzlich neben ihnen herlief.
      „Weil wir auf der schnelle nichts Besseres gefunden hatten“, erklärte Yas, bevor Lya etwas sagen konnte. „Ich hatte eigentlich vor gehabt, ihr in Buren ein ordentliches, robustes Gewand zu kaufen. Dicht gewebte Wolle, die auch im Winter noch warm genug ist. Rotbraun, wie ich es seinerzeit hatte, in meiner Heilerausbildung.“
      „Oh; Yas“, strahlte Lya ihn daraufhin an, umarmte ihn und brachte ihn damit völlig aus dem Tritt. Siam blickte sehr eifersüchtig zu ihm rüber, was ihn zum lächeln reizte.
      „Ja meinst du denn, ich würde dich damit ewig rumlaufen lassen? Du verdienst was Anständiges“, sagte er und setzte sie wieder ab. Nach ein paar Schritten durch den Wald fragte er die anderen: „Können wir nicht etwas zügiger laufen?“
      „Warum?“, wurde er sofort von Indi schnurrend unterbrochen. Wie immer, meinte er ein höhnisches Spötteln in ihrer Stimme zu vernehmen „Meinst du, du kannst mit uns dich in einer Taverne verkriechen?“
      Daran hatte Yas nicht gedacht, die Herbergen waren hier viel zu teuer. Aber es stimmte. Mit den Katzenmädchen im Schlepptau, konnte er sich in keiner menschlichen Ansiedlung mehr blicken lassen.
      „Darum geht es doch gar nicht“, würgte er sie dennoch ab. „Ich möchte nur irgendwann gerne in Buren ankommen und Lya möchte sicherlich ihr neues Gewand bekommen.“
      „Er hat Recht“, strahlte Lya erneut und griff sich Chins Pfote. „Komm, wir müssen uns beeilen.“


      In der Abenddämmerung hielt Yas an.
      „Kommt, Mädchen, jetzt macht euch mal nützlich und sucht irgendeine Art von Heimstatt. Eine Hütte, ein umgestürzter Karren, eine Höhle, ganz egal was.“
      „Warum?“, wollte Indi wissen.
      „Weil meine normalen Bannkreise euch vernichten würde. Wir brauchen eine Art Heimstatt, wo ich Runen auftragen kann. Also kommt. Bewegt euch!“, munterte er sie auf, und mit einen Schnurren verteilten sie sich in alle Himmelsrichtungen.
      „Willst du sie vertreiben“, fragte Lya in die Stile hinein. Sie schien bedrückt und Yas konnte erahnen weshalb. Sie hatte ihm vieles auf ihren Wanderungen erzählt. Er wußte, daß sie nicht viele Freunde hatte. Sie war im Wehrweiler von den wenigen Gleichaltrigen gemieden worden, teilweise wie eine Aussätzige behandelt worden und hatte sich auch selbst abgekapselt. Jetzt fand sie endlich mal Freunde und es waren ausgerechnet Wesen, die ihr Lehrmeister nicht dulden wollte. Doch Yas gab sich einen Ruck. Er wollte nicht, das Lya unglücklich war, sie war ohnehin schon viel zu ernsthaft. Er wollte sie mal glücklich sehen und die Katzenmädchen schienen ihr Freude zu bereiten.
      „Nein, von mir aus können sie bleiben“, meinte er und versuchte es freundlich klingen zu lassen. Er gestand es sich selbst ungern ein, aber so langsam fand er Gefallen an den Mädchen. Sie waren fleißig, klug, versuchten nicht im Weg zu stehen und waren auch nicht besonders bösartig. Er hatte schon zahlreiche normale Menschen kennengelernt, die diese Attribute nicht aufweisen konnten.
      Er sah wie Chin und Indi durch die Büsche und Pflanzen zu ihnen hinhuschten. Sie waren schnell und grazil, das mußte er ihnen echt lassen.
      „Wir haben dahinten eine Art Unterstand gefunden“, erklärte Indi stockend. „Aber der ist vielleicht nicht ganz geeignet.“
      „Gucken wir es uns einfach an“, meinte Yas nur.

      „Das gibt es ja nicht“, sagte Yas erfreut. „Eine Morgenschrei.“
      Sie standen vor einer recht großen Pflanze, die eine beängstigende Ähnlichkeit mit einem großen Maul hatte, das aus zwei Blättern geformt wurde.
      „Als wir gerade hier waren, bildeten die Blätter noch ein richtiges Dach“, meinte Indi betrübt.
      „Nein, das ist perfekt. Die Blätter schließen sich für die Nacht und lassen nichts und niemanden mehr rein. Kommt, bevor sie ganz geschlossen ist“, erklärte er begeistert und kletterte allen voran in die Pflanze. Zögernd folgten die anderen seinem Beispiel. Als Lya auf das ledrige Blatt kletterte, fragte sie ihn skeptisch: „Und du bist sicher, daß man hierauf schlafen kann?“
      „Absolut“, erklärte er und unterdrückte ein hinterlistiges Lächeln. „Ich hab bereits dreimal in solchen Pflanzen übernachtet. Seht, je weniger Tageslicht, desto mehr schließen sich die Blätter.“
      „Von was ernährt sich diese Pflanze eigentlich“, fragte Lya zögernd, als die Blätter fast geschlossen waren.
      „Von kleinen Tagesinsekten“, erklärte Yas. „Die Pflanze produziert in der Nacht einen Stoff, der die Insekten träge werden läßt und saugt sie dann über die Falten ihrer Blätter ein. Wir Menschen sind dafür viel zu groß. Der Stoff läßt aber auch Menschen müde werden. Gute Nacht.“
      „Was? Das war also eine Falle“, fauchte Indi wütend und wollte sich aufrichten, doch ihre Pfoten knickten ein und ihr Kopf sank nach vorne. Sie schlief sogar noch schneller ein als Yas, der sich noch genüßlich räkelte, bevor auch ihm die Augen zufielen, ob er wollte, oder nicht.


      Am nächsten Morgen weckte sie ein schreckliches Geräusch. Ein entsetzliches, langgezogenes, unheimlich lautes Kreischen, das einen durch Mark und Blut ging und etliche Herzschläge lang andauerte.
      „Aufstehen Mädels“, begrüßte Yas sie schadenfroh, der sich zur Seite gerollt hatte und sich in der ersten Tagessonne aufwärmte. Die Katzenmädchen wirkten hingegen völlig desorientiert und tapsten schlaftrunken mit ihren Pfoten durch die Augen und auch Lya war verwirrt und verängstigt zugleich.
      „Was war das?“, fragten Indi und Lya gleichzeitig. Beide hatten noch mit einem Klingeln im Ohr zu kämpfen, wie man sehen konnte.
      „Das war der Morgenschrei“, erklärte er schadenfroh. „So kommt die Pflanze zu ihren Namen.“
      „Das hast du gewußt du Mistkerl“, fauchte Indi und knuffte ihn schmerzhaft in die Seite.
      „Natürlich“, grinste er. „Ich hab doch gesagt, ich hab auch schon früher in solchen Pflanzen übernachtet.“
      „Und das hast du freiwillig gemacht?“, fragte Lya ihn fassungslos.
      „Natürlich“, grinste Yas und marschierte los. „Kommt jetzt.“
      Tapsig und unbeholfen folgten ihm die Katzenmädchen und auch Lya blieb nur kurz zurück, bevor sie sich ihnen wieder anschloß. Yas überlegte, denn wenn er Glück hatte, würden sie heute bereits in Buren ankommen. Es war wichtig, dass er die Stadt schnell genug sah, damit er die Katzenmädchen verstecken konnte. Anschießend würde er dann zuerst den Hohenpriester aufsuchen, bevor er sich auf den Marktplatz umsehen konnte. Buren war kein ungefährliches Pflaster, - sofern man das Pflaster bei all den Dreck überhaupt noch sah.