Krimi - Positiv sehen

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    • Krimi - Positiv sehen

      Vorwort:
      Aufgrund eines Schreibwettbewerbes von 3sat, wodrauf mich Hina gebracht hat, hab ich diese Geschichte geschrieben. Es sollte eine möglichst spannender Kriminalfall sein. Ungefähr anderthalb bis zwei Seiten lang.
      Da mir das Schema schon zu einseitig und zu engstirnig war, hab ich natürlich versucht, mich von den Vorgaben so weit wie möglich zu entfernen. Die wollten halt so einen typischen Tatort haben. Ein Mord wird begannen und ein ungewöhnliches Ermittlerduo klärt den Fall auf,- oder beginnt zumindest damit. Ich hatte darauf echt kein Bock. Ich hab daraufhin...naja, lest selbst.
      Aber auf jeden Fall, rate ich jedem ab, bei einem Schreibwettbewerb mitzumachen. Das Schema ist zu eng, es macht wenig Spaß und ihr bekommt abolut KEINE Rückmeldung. Weder ich noch Hina bekamen überhaupt eine Antwort. Gewonnen hatten dann Gestalten, die vermutlich irgendwelche 3sat Leute kannten. Und das kann sehr frustrierend sein. Das ist wirklich unnötig.
      Die Geschichte selbst, ist baugleich mit der, die ich seinerzeit eingeschickt habe, jedoch hab ich hier ein paar Komma hinzugefügt die fehlten.

      Geschichte:
      „Ich muss es positiv sehen“, schoss es ihn galgenhumorartig durch den Kopf. Er klopfte sich den Staub zum wiederholten Male von der Uniform, strich über seinen Namenschriftzug „Müller“. Ansonsten beschwerte er sich doch tagein, tagaus über die elende Monotonie seines Jobs. Seine Aufgabe, die Überwachung des Feldlagers Kundus, war weder für Obergefreiten Müller, noch für zahlreiche seiner Kameraden eine erstrebenswerte Erfahrung. Aber dennoch, - irgendwie hatte er bei der ganzen Sache überhaupt kein gutes Gefühl. Er überprüfte erneut gewissenhaft, ob sein G36 gesichert war, während er weiter nachdachte.
      Drei seiner Kameraden waren spurlos verschwunden, und mit ihnen ein Haufen EDV-Zeug. Das machte seine Vorgesetzten in Berlin ernsthaft nervös. Was IHN nur wirklich störte, war die Tatsache, dass ER die Nacht auf Patrolie war und ER nichts bemerkt hatte. Er erinnerte sich sogar noch gut daran, dass er genau an diesen Zeltunterstand sogar zweimal vorbeigegangen war, weil er meinte, verdächtige Geräusche gehört zu haben. Aber da war nichts. Und nun stand er wieder hier, weil DOCH was gewesen war.
      Drei weitere Wachsoldaten sicherten mit ihm das Gelände. Auch wenn sie heute Nacht nicht auf Patrolie waren, machte sie die ganze Geschichte ebenfalls ziemlich nervös.
      Zwei Soldaten von der IT, die sich normalerweise um den Internetzugang des Feldlagers kümmerten, waren schon eine ganze Weile in dem Unterstand beschäftigt. Sie waren beauftragt worden, die übrige Ausrüstung zu sichten, zu überprüfen was fehlt und wenn möglich herauszufinden, was hier überhaupt passiert war. Obwohl sein Rang als Obergefreiter nicht der Höchste der sechsköpfigen Gruppe war, wurde ihm vom Feldkommandant trotzdem die Leitung der Ermittlung anvertraut, während der Kommandant selber mit ihren Vorgesetzten in Berlin telefonierte. Einer der Techniker krabbelte schon eine ganze Weile unter dem Tisch herum. Langsam nervte es.
      “Was machen Sie denn eigentlich da unten?“, fragte er plötzlich den Techniksoldaten. Der zuckte zusammen und stieß natürlich prompt mit dem Kopf gegen die Tischplatte. „Autsch“, fluchte er. Er winkte den Obergefreiten mit der Hand zu sich: “Kommen Sie mal hier herunter, ich zeige es Ihnen.“
      Obergefreiter Müller wurde neugierig. Die Stimme des Soldaten klang irgendwie triumphierend. Er stampfte die staubigen Stufen herunter und schwang sein Sturmgewehr auf den Rücken, damit er ebenso wie der Techniker unter den Tisch klettern konnte, ohne überall anzuecken. Der Techniker rückte etwas beiseite, damit Müller besser sehen konnte, zupfte am hinteren Ende einer schweren Ausrüstungskiste herum und präsentierte ihm eine leichte Kuhle unter der Kiste.
      „Ein Tunnel?“, fragte er den Techniker. Der Nickte.
      „Kommen Sie, wir schieben die Kiste etwas weiter nach hinten, dann sehen wir es besser. Der Obergefreite lies sich das nicht zweimal sagen, so sehr drängte ich die Lösung des Rätsels. Er drückte kräftig gegen die Kiste, die überraschend leicht nachgab. Das hieß, dass die Kiste leer war. Was nicht wirklich gut war, denn da drin, wurden normalerweise, nur hochempfindliche Nachtsichtgeräte verpackt. Aber unter der Kiste, war wirklich ein Tunnel versteckt gewesen.
      Sogar ein recht großer und stabil aussehender Tunnel. Der Techniker beugte sich vor und schaute rein, griff nach hinten und kramte eine Taschenlampe aus seiner Hosentasche. Er leuchtete in den Tunnel, schaute hoch, runzelte die Stirn und leuchtete erneut in den Tunnel.
      „In der Richtung liegt doch nur der Fuhrpark, oder?“, fragte er den Obergefreiten.
      Der Nickte darauf. Die Geschichte gefiel ihn immer weniger und dem Gesicht des Technikers nach zu urteilen, erging es ihm auch nicht besser.
      „Obergefreiter Müller?“, erklang eine neue Stimme. „Hier!“, meldete sich Müller und robbte unter dem Tisch hervor. Ein neuer Soldat war in den Unterstand getreten und hielt ein Feldtelefon in der Hand.
      „Der Feldkommandeur ist an der Leitung, er will Sie sprechen“, sagte der Soldat und hielt ihm das Feldtelefon hin.
      „Ja, danke“, sagte Müller abwesend, räusperte sich, „Obergefreiter Müller am Apparat.“
      Nach kurzem Zögern, meldete sich sein Kommandant. „Aaah, Obergefreiter Müller, sehr schön. Ich muss gleich wieder Berlin anrufen, haben Sie schon irgendwas herausgefunden, was uns weiterbringt?“ Nun war es an Müller zu zögern. „Herausgefunden haben wir tatsächlich was, aber ich bezweifele, dass es ihnen gefallen wird.“
      „Heraus damit, ich bin auf das Schlimmste vorbereitet“, gab sein Kommandeur zurück. „Nun, er hat es so gewollt“, dachte Müller, während er die Endeckung weitergab:
      “Wir haben hier einen Tunnel entdeckt. Scheint direkt zum Fuhrpark zu führen. Außerdem haben die drei erheblich mehr Material mitgenommen als angenommen. Und ich fürchte, die sind schon sehr weit weg.“

      auf Wunsch editiert | Grano | 06.02.14
    • Vorwort:
      Nach der sehr positiven Rückmeldung, die ich bekommen habe, folgt nun der zweite Teil. Deutlich länger, als der erste Teil. Viel Spaß beim Lesen.

      Teil II:
      Am anderen Ende war plötzlich Stille.
      „Sind Sie noch dran?“, fragte Müller vorsichtig. Der Feldkommandeur räusperte sich.
      „Ja. Natürlich!“, er schnaubte. „Das werden die in Berlin gar nicht gerne hören. Ich schicke ihnen die Feldjäger vorbei. Sagen sie denen alles, was sie wissen.“
      „Jawohl!“, sagte Müller nur knapp. Mit etwas Glück, könnte er mit der ganzen Sache, gleich nichts mehr zu tun haben.
      Er ging zu den beiden Soldaten von der IT.
      „Die Feldjäger kommen gleich. Habt ihr eine Liste fertig gestellt, mit den Sachen, die fehlen?“, fragte er die beiden, die wieder hinter Tischen und Kisten herum kletterten.
      Einer der beiden zeigte auf einen knittrigen Zettel, der auf einem der Tische lag. Müller ging dorthin und warf einen Blick auf die Liste. Er pfiff beeindruckt durch die Zähne. Die Diebe hatten keine schlechte Beute gemacht. Ein Dutzend Rechner, Nachtsichtgeräte, Funkgeräte, einen Teil des Servers und hochwertige Software.
      „Wie viel ist das Zeug wert?“, fragte er einen der IT-Soldaten.
      „Schwer zu sagen. Materiell nicht viel mehr als 20.000. Aber hier in der Gegend? Ein paar Hunderttausend, würde ich schätzen“, meinte der IT-Soldat und runzelte dabei nachdenklich die Stirn. Müller verzog das Gesicht.
      „Obergefreiter Müller?“, rief einer der anderen Wachsoldaten von draußen. Müller drehte sich auf den Absatz um und marschierte raus. Vier Feldjäger kamen über den staubigen Platz auf sie zu. Einen kannte er sogar persönlich.
      „Moin Micha“, rief er ihm freundlich zu.
      “Hey, das Müllerchen“, grüßte er begeistert zurück. Er schüttelte zuerst ihm die Hand, bevor er reihum die anderen begrüßte.
      „Und was haben wir hier?“, fragte der Oberfeldwebel, ein etwas älterer Mann mit grauen Haaren. "Gerlich", stand auf seinen Namensschild.
      „Schwerer Diebstahl“, antwortete Müller, kurz bevor ihm klar wurde, dass das wohl eine rhetorische Frage war, und fügte deshalb dazu: „Die Liste liegt drinnen.“
      Der Oberfeldwebel nickte und gemeinsam betraten sie das Zelt. Die Luft da drinnen wurde langsam stickig. Einer der IT-Soldaten hatte mitgedacht und trat ihnen bereits mit der Liste entgegen. Oberfeldwebel Gerlich warf einen Blick drauf und je länger er las, desto tiefer wurden die Falten auf der Stirn. Kopfschüttelnd gab er die Liste weiter.
      „Der Kommandeur meinte, Sie wären zur Tatzeit hier gewesen?“, fragte er Müller.
      "Ja?", antwortete Müller unsicher.
      "Und? Haben Sie was bemerkt?", fragte der Oberfeldwebel weiter.
      "Ich hab nichts gesehen, aber etwas gehört. Merkwürdige Geräusche. Aber jedes Mal, wenn ich nachgesehen habe, war überhaupt nichts festzustellen", berichtete Müller.
      "Haben Sie auch in den Zelten nachgesehen", wollte ein anderer Feldjäger wissen.
      "Nein. Natürlich nicht", gab Müller empört zurück. Seine Aufgabe war es schließlich, daß Gelände zu überwachen, - und nicht das Innenleben der Zelte.
      Der Feldjäger sah das natürlich völlig anders. Das konnte Müller deutlich an seinen Gesicht ablesen. Na toll. Jedoch machte sich dieser Oberfeldwebel Gerlich, scheinbar über etwas ganz anderes Sorgen.
      "Und wie, meinen Sie, konnten die Diebe mit den ganzen Zeug verschwinden?", fragte er Müller.
      "Dazu kann ich Ihnen nichts sagen", antwortete Obergefreiter Müller vorsichtig und fügte dann hinzu: "Wir haben zwar einen Tunnel zum Fuhrpark gefunden, aber nur den Befehl, das Zelt zu durchsuchen."
      "Ja, das dachte ich mir schon", meinte der Oberfeldwebel, wandte sich einem der anderen Feldjägern zu und sagte: "Schnappen Sie sich draußen Maier und Görlitz und sehen Sie mal beim Fuhrpark nach."
      "Jawohl!", der Feldjäger salutierte und ging rechts ab.
      "Ich hab einen ganz bösen Verdacht", sagte der Oberfeldwebel zu sich selbst. Dann wandte er sich an Müller: "Sie bleiben vorerst hier. Ich könnte Sie gleich noch brauchen."
      "Verstanden!", Müller nickte und ging ein paar Schritte beiseite. Die Feldjäger begannen sich nun im Zelt umzusehen. Die Soldaten von der IT hatten ihre Aufgabe erledigt und begannen damit, alles in einen Laptop einzutragen. Da Müller ohnehin nichts zu tun hatte, gesellte er sich nach einer Weile zu ihnen.
      "Die Feldjäger sind ziemlich komisch drauf. Habt ihr eine Ahnung warum?", fragte er die beiden leise. Die Zwei schüttelten den Kopf. Aber der eine Soldat hatte plötzlich eine Idee.
      "Die Log-Daten?", fragte er seinen Kollegen. Der nickte und begann im Laptop rumzuklicken. Müller runzelte die Stirn. Er hatte von dem ganzen Rechnerzeug nicht viel Ahnung, wusste aber, dass Log-Daten so etwas Ähnliches waren, wie ein Logbuch. Nur halt für Computer.
      "Ich dachte, die hätten die Rechner und den Server mitgehen lassen?", fragte Müller leise die IT-Soldaten.
      "Ja. Aber wir lagern die meisten Dateien aus", antwortete der IT-Soldat genauso leise. Nach einigen Minuten wilden herum geklicke, scrollte der sich durch endlose Listen von Log-Dateien.
      Damit konnte Müller noch viel weniger anfangen. Die beiden IT-Soldaten hingegen schon. Sie begannen verschiedene Log-Protokolle miteinander zu vergleichen. Schließlich drehte sich einer der IT-Soldaten zu den Feldjägern um und sagte ruhig: "Oberfeldwebel Gerlich? Das müssen Sie sich ansehen!"
      Der Oberfeldwebel trat vor: "Was ist?"
      "Sehen Sie mal hier", sagte der IT-Soldat und scrollte durch die Log-Daten und markierte einen Abschnitt.
      "Die Diebe haben alle immer wieder Kontakt, mit jemanden in Nordrhein-Westphalen gehabt. Immer zu festen Uhrzeiten, immer dieselbe Kaserne, immer dieselbe Person", erklärte der IT-Soldat vorm Laptop. Sein Kollege fügte hinzu: "Sie wussten offenbar nicht, dass wir die Daten spiegeln."
      Der Oberfeldwebel schüttelte den Kopf und seufzte.
      "Ich muss den Feldkommandeur sprechen. Sie bleiben hier!", befahl er und verlies das Zelt.

      Nach gut einer Dreiviertelstunde kam er wieder.
      „Gute Arbeit. An alle. Aber wir müssen umstrukturieren“, eröffnete er ihnen:
      „Obergefreiter Müller. Der Feldkommandeur wartet auf Sie. Melden Sie sich dort!“
      „Jawohl!“, Müller salutierte und ging fort. Hinter ihm erteilte der Oberfeldwebel weitere Befehle, aber darauf achtete Müller nicht mehr. Mit etwas Glück, war er nämlich gleich aus der Nummer raus.
      Keine 10 Minuten später, stand er bereits an der Tür des Feldkommandeurs. Je schneller er die Sache hinter sich brachte, umso besser.
      Er trat ein. Sein G36 lehnte er neben seinen Stuhl im Vorraum. Die Sekretärin winkte ihn durch. Der Feldkommandeur kam ihm schon entgegen und begrüßte ihn mit einem Handschlag. Das kam Müller jetzt doch merkwürdig vor.
      „Obergefreiter Müller. Sehr schön! Also: Ich mache es kurz. Die Kollegen in Deutschland übernehmen die Ermittlung. Aber sie brauchen Informationen. Deshalb schicke ich Sie zurück nach Deutschland. Arbeiten Sie mit den Feldjägern dort zusammen!“
      In Müller tobten daraufhin die unterschiedlichsten Emotionen. Klar, er freute sich. Endlich konnte er diesen öden staubigen Landstrich verlassen. Und endlich wäre er wieder zuhause und würde seine Freundin Kati wieder sehen. Aber er hatte gehofft, er hätte mir der ganzen Sache, in ein paar Stunden nichts mehr zu tun. Daraus wurde wohl leider nichts.
      „Wow“, machte Müller nur. Sein Vorgesetzter klopfte ihm kameradschaftlich auf die Schulter.
      „Machen Sie sich nichts draus“, meinte er nur kollegial, „So hab ich mich auch gefühlt, als mir das gesagt wurde.“ Dann gab er neue Befehle:
      „In 5 Stunden landet eine Transall in Kabul. Dort werden Sie dann mitfliegen. Ziehen Sie los und packen Sie ihre Siebensachen zusammen!“ Er reichte ihm die Hand. Müller schlug ein und sie schüttelten sie einmal ernsthaft.
      „Viel Glück!“

      Den Flug in der Transall hatte er überwiegend verschlafen. Die Transall hatte Material nach Afghanistan geflogen und war deswegen ziemlich leer auf den Rückflug gewesen. Und Müller war todmüde, als er endlich an Bord konnte. Schließlich hatte er seit Beginn der gescheiteren Nachtwache, kein Auge mehr zugemacht. Und das müsste ungefähr 22 Stunden her gewesen sein, - bevor er überhaupt den Flughafen Kabul erreicht hatte.
      Als die Maschine startete, war das monotone Grummeln der Rotoren einschläfernd gewesen und er war nach wenigen Minuten eingedöst.
      Wach wurde er erst wieder, als sie irgendwo über Sachsen flogen. Eine Stunde später landete die Maschine auch schon. Er hatte Glück, dass die Formalitäten schnell geklärt waren, denn so konnte er den Flugplatz schnell verlassen und sich auf die Person freuen, die er schon seit 3 Monaten vermisste. Vor dem Flugplatz wartete nämlich seine Freundin Kati auf ihn.

      Er konnte gerade noch seine Tasche auf den Boden stellen, als sie ihn schon fast umrannte und innig umarmte.
      Am nächsten Tag musste er bereits früh mit der Bahn in Richtung Westphalen aufbrechen. Er brauchte auch fast 2 Stunden für die Fahrt, aber anders ging es nicht. Schließlich wollte er seine freie Zeit bei Kati verbringen und nicht in irgendeiner Kaserne vergeuden.
      Wolken waren aufgezogen und die Sonne drang kaum noch durch. Aber er genoss dieses typisch deutsche Wetter sogar, nachdem er jetzt Kati an seiner Seite hatte.
      Dieses Gefühl hielt sich auch die ganze Bahnfahrt am nächsten Tag. Sogar, als er die Kaserne Augustdorf erreichte. Erst am Tor, wurde er wieder ernsthaft. Die Pflicht rief.
      „Guten Tag. Ich bin Obergefreiter Müller und soll mich heute um 14:00 Uhr beim Oberfeldwebel Erland einfinden“, sagte er zum Wachsoldaten am Kasernentor. Der überprüfte kurz das Schreiben, was Müller ihm vorlegte und sagte dann:
      „Willkommen. Der Feldwebel erwartet Sie bereits. Da vorne!“
      Der Wachsoldat zeigte auf einen alten Geländewagen, an dem zwei Feldjäger warteten. Müller bedankte sich beim Wachsoldaten und ging zu den beiden Soldaten. Einer war ein etwas älterer Mann, mit kurzen dunklen Haaren. Das musste dieser Oberfeldwebel Erland sein. Die zweite Person war eine junge Frau, sportlich, aber irgendwie auch zierlich und eine Spur zu hübsch. Wenn Kati das erfuhr, würde er mächtigen Ärger bekommen.
      „Obergefreiten Müller?“, fragte ihn der ältere Soldat. Müller bejahte.
      „Ich bin Oberfeldwebel Erland. Das ist Unteroffizierin Kascheski“, stellte er sich und seine Begleiterin vor, bevor er den Tagesplan weitergab: „Wir haben nur wenig Zeit. Wir müssen jetzt noch runter nach Köln fahren. Dort hält sich dieser Typ, den ihr in Afghanistan ausgemacht habt, im Moment nämlich auf. Aber der hat in vier Stunden Dienstschluss und könnte dann auf Nimmerwiedersehen verschwinden. Also müssen wir echt Knallgas geben.“
      Müller nickte zustimmend: „Je schneller wir das Ganze beenden, desto besser.“
      „Großartig. Na dann los“, sagte der Oberfeldwebel und stieg in den alten Geländewagen ein. Unteroffizierin Kascheski nahm auf den Beifahrersitz Platz, während Müller sich hinten bequem machte.

      Die Fahrt nutzen sie, um sich alle ein aktuelles Bild von der Lage zu machen. Müller hatte einige Stunden lang nichts mitbekommen und wurde neu ins Bild gesetzt. Umgekehrt erzählte er den beiden Feldjägern, was in Kundus wirklich passiert war, denn beide waren noch nie dort gewesen und konnten sich das nur sehr schwer vorstellen.
      Am Ende hatten sie alle ein sehr genaues Bild der Lage:
      Drei Soldaten hatten, vermutlich aus Geldgier, ein Bundeswehr-Camp ausgeraubt. Sie hatten sich dafür extra Material ausgesucht, was man in Afghanistan leicht verkaufen kann und nur schwer zurückzuverfolgen war. Außerdem hatten sie nur Material ausgewählt, zu dem man in Afghanistan Höchstpreise erzielen kann, vor allem, wenn auf den Bundeswehr-Rechnern noch irgendwelche verwertbaren Daten erhalten waren.
      Den Kontakt und die Koordination lief über einen Mittelsmann in Deutschland. Somit konnte den drei Deserteuren, der Tunnelbau und der Abtransport des Diebesgutes überhaupt gelingen.
      Genauer gesagt hatten die Drei im Fuhrpark einen Dingo geklaut. Mit dem geklauten Dingo konnten sie sich einem Versorgungskonvoi anschließen. Auf halber Strecke haben sie den Konvoi heimlich verlassen, haben den Dingo dann irgendwo stehen lassen und sind mit einen privaten PKW in den Süden geflohen.
      Soviel konnte die Bundeswehr in Afghanistan herausfinden. Aber ab da an war die Spur kalt. Die Feldjäger konnten im unruhigen Süden nicht ermitteln. Das war unmöglich. Ihre einzige Chance war der Mittelsmann, wie Unteroffizierin Kascheski zugab.
      Darum gaben sie auch Vollgas, als sie die A59 nach Süden fuhren.
    • Was ist denn das bitte für ein unhöflicher Kommentar? Was erwartest du denn, wenn du in den Geschichtenbereich kommst? Dass du nur zwei Zeilen lesen musst?
      Ernshaft, das ist ja mal wirklich dreist.

      Mal als ECHTES Feedback: Also ehrlich gesagt fand ich den ersten Teil besser, liegt wahrscheinlich an dem offenen Ende, was sehr gut gelungen war.
      Das heißt aber nicht, dass der zweite teil schlecht ist, im Gegenteil, ich finde ihn gut. Und er zeigt auch, wie extrem gefährlich das in unserer heutigen zeit sein kann, wenn Geheimmaterial an feindliche Organisationen verkauft wird und wie hoch die Priorität ist, das schnell aufzudecken.
    • Ich weiß, dass der zweite Teil ein paar Längen hat, aber das ließ sich nicht vermeiden.
      Die Schrierigkeit war, dass er zum einen Erklärungen liefern muss,- und dann auch noch alles für den dritten Teil vorbereiten.
      Das war nicht leicht, auch wenn es Spaß gemacht hat, den Teil zu schreiben.
      Der dritte und letzte Teil wird deutlich spannender sein.

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Bruder Tobias ()

    • Ja, dann gib mal Gas. ;)
      Auch wenn ich nicht so auf Militärgeschichten stehe (oder vielmehr es hängt davon ab, wie viel technisches Zeug in diesen vorkommt) muss ich sagen, dass mir die Story gefällt.
      Bin gespannt was als nächste passiert. =)

      „Wow“, machte Müller nur. Sein Vorgesetzter klopfte ihm kameradschaftlich auf die Schulter.
      „Machen Sie sich nichts draus“, meinte er nur kollegial, „So hab ich mich auch gefühlt, als mir das gesagt wurde.“


      Bei der Stelle musste ich herzhaft lachen. XD
      Auch hat mir gefallen, dass du eingebaut hast, dass Müller eine Freundin hat oder die kurze Sequenz als er das erste Mal Unteroffizierin Kascheski begegnet und seine Gedanken zu ihr. Solche kurzen Sequenzen des "Zwischenmenschlichen" machen meiner Meinung nach die Figuren lebendiger. Sie wirken dadurch realer.
    • Vorwort:
      Ich musste den Teil III noch einmal unterteilen, weil er sonst zu lang gewesen wäre. Ich muss an Teil IV noch ein paar Kleinigkeiten überprüfen, bevor ich ihn hochlade.
      Aber erstmal viel Spaß mit den neuen Teil.

      Teil III:
      Kurz bevor sie Köln erreichten, telefonierte Unteroffizierin Kascheski mit einigen Feldjägern, die den Verdächtigten heimlich überwachten. Aber es war alles im grünen Bereich. An der Kaserne wurden sie deswegen auch einfach durchgewunken.
      „Gut, dann schnappen wir uns den Kerl!“, sagte Erland ernsthaft, als er sich abschnallte. Obergefreiter Müller und Unteroffizierin Kascheski nickten genauso ernst. Sie stiegen aus, atmeten einen Moment lang die frische Luft ein, bevor sie zügig das Hauptgebäude betraten. Die beiden Feldjäger wussten anscheinend sehr genau wo sie hinmussten. An einer billigen Zimmertür machten sie halt. Die Stube 19. Das sollte der Aufenthaltsort des Verdächtigen sein.
      Unteroffizierin Kascheskis Hand ruhte auf ihrer Pistole. Oberfeldwebel Erland nickte, klopfte an die Tür und betrat sofort schwungvoll das Zimmer. Dort hielt sich nur ein einziger Soldat auf. Der zuckte zusammen und stand sprunghaft auf.
      "Hauptgefreiter Groski?", fragte Erland. Der Angesprochene nickte. Müller und Kascheski stellten sich links und rechts neben der Tür auf.
      "Ich muss ihnen ein paar Fragen stellen", sagte Erland und drehte sein Klemmbrett um und zeigte es dem Hauptgefreiten.
      "Kennen Sie diese Männer?", fragte er ihn. Der Soldat verneinte. Falsche Antwort.
      "Kann ich ihren Laptop überprüfen?", fragte Unteroffizierin Kascheski von der Tür aus. Der Soldat zuckte zusammen und verneinte erneut. Das war ebenfalls die falsche Antwort gewesen. Außerdem viel zu panisch und viel zu schnell.
      Kascheski trat von der Tür weg, ging zu dem billigen Holztisch und klickte den Bildschirmschoner am Laptop weg.
      "Hey. Nein, das dürfen Sie nicht!", rief der Soldat und sprang vor.
      "Das war das zweite Mal, dass Sie uns Blödsinn erzählen", meinte Erland ruhig. Hauptgefreiter Groski erstarrte mitten in der Bewegung.
      "Ja, das erste Mal war, als Sie meinten, Sie kennen die Drei nicht", bestätigte Kascheski vom Laptop aus. Dieser Hauptgefreiter Groski suchte nun panisch einen Fluchtweg. Aber Erland stand am Fenster und Müller neben der Tür. Da war kein Durchkommen. Außerdem waren die beiden Feldjäger bewaffnet.
      "Und?", fragte Erland.
      "Jup. Er hat Kontakt zu den Dreien", bestätigte Kascheski.
      "Gut. Dann nehmen wir ihn und den Laptop mit", entschied Erland und legte den Soldaten Handschellen an, bevor er noch was Dummes tun konnte.
      "Wartet mal!", warf Müller ein, "Lasst den Laptop doch hier und lasst die IT-Soldaten aus Afghanistan ran. Mit diesen Fernverwaltungszeug oder so etwas."
      "Stimmt. Wenn die über Teamviewer reingehen, können wir sie damit kriegen. Vielleicht nehmen sie sogar noch Kontakt auf", stimmte Kascheski zu.
      Im Gesicht von dem Hauptgefreiten Groski trat nun blankes Entsetzen zu Tage. Trotz des Ernstes der Situation, blitzte in Müller reine Schadenfreude darüber auf.
      "Wollen Sie uns vielleicht das Ganze etwas vereinfachen und uns einfach verraten, was Sache ist?", fragte Kascheski gedehnt, während sie ihr Handy aus der Tasche zog.
      Der Hauptgefreiten Groski schüttelte bockig den Kopf. Sie zuckte bloß mit den Achseln und nahm ihr Handy ans Ohr. Nach einer Weile stand die Verbindung.
      "Unteroffizierin Kascheski hier, guten Tag. Ich muss einmal mit einem der beiden Soldaten sprechen, die vorgestern den Diebstahl in Kundus bearbeitet haben. ... Nein, nicht Müller, den haben wir ja hier. ... Ja, genau! ... Ja, ich warte!“
      Es dauerte einen Moment, bevor sich jemand meldete. “Hallo? Obergefreiter Schmitz? ... Ja, hier ist Unteroffizierin Kascheski von den Feldjägern in Deutschland. ... Ja, genau, wegen des Diebstahls. Haben Sie einen Rechner bei sich? ... Ja, perfekt. Gehen Sie mal in Teamviever rein. ... ... Genau! ... Genau!"
      Sie Klickte einen Moment auf den Laptop rum und sagte dann: "Gut. Wenn Sie was finden, rufen Sie mich bitte umgehend zurück. ... Ja? Danke."
      Dann berichtete sie den Männern. "Dieser Obergefreiter Schmitz wusste sofort was Sache ist. Perfekt. Nehmen wir den hier mit?", fragte sie den Oberfeldwebel und deutete auf den Hauptgefreiten. Erland nickte. Müller freute sich. Das heißt, dass er gleich aus der ganzen Sache draußen ist. Wird ja auch Zeit.

      Als sie aus der Kaserne traten, warteten bereits weitere Feldjäger auf sie und nahmen den Hauptgefreiten Groski in Gewahrsam. Nun hatten die beiden Feldjäger und Müller nichts weiter zu tun. Sie warteten am Geländewagen auf weitere Befehle.
      Das erwies sich aber als sehr langweilig. Nachdem sie eine Stunde sinnlos gewartet hatten, fingen sie allmählich an zu erzählen. Erland erzählte, was seine Frau für dieses Wochenende geplant hatte. Müller erzähle daraufhin von seiner Freundin und wie sehr er sie vermisste. Kascheski schien daraufhin ein wenig betroffen, sie hatte sich wohl selbst schon Hoffnungen gemacht. Aber sie erzählte kurz darauf von ihrer Familie, da sie immer noch bei ihren Eltern lebte. Und von ihren kleinen Brüdern, die ihr dort tierisch auf den Geist gingen. Woraufhin Erland von seinen Bruder erzählte, mit dem er früher allerhand Blödsinn gemacht hatte. Mitten in der Erzählung, wie sie einen Kaugummiautomaten geknackt hatten, klingelte sein Handy. Erland ging dran. Nach einem kurzen Telefonat legte er auf. Dann sagte er, mit gerunzelter Stirn, zu den anderen beiden:
      "Wir sollen nach Koblenz fahren, dort bekommen wir dann neue Befehle."

      Während der Fahrt erzählte Erland erstmal die Geschichte mit den Kaugummiautomaten weiter. Müller erinnerte sich daraufhin an eine alte Geschichte, wo sie im Tank eines Kollegen Brennspiritus reingekippt hatten. Das sollte zu richtig geile Durchzündungen führen. Leider hatte das nicht so ganz geklappt, aber die Karre hatte danach einen richtig genialen Sound gehabt.
      Woraufhin dann Kascheski eine alte Geschichte erzählte, wo sie als Jugendliche Hochprozentiges getrunken hatten. Kurz darauf erzählten sie sich alle gegenseitig alte Saufgeschichten. Bis sie in Koblenz waren, hatten sie sich schon darauf geeinigt, demnächst gemeinsam einen zu heben.

      In Koblenz stiegen sie lachend aus den Geländewagen aus. Kurz darauf standen sie schon am Schreibtisch des Rezeptionisten.
      Erland trat vor: "Oberfeldwebel Erland, Unteroffizierin Kascheski, Obergefreiter Müller. Wir sollen uns hier für weitere Befehle melden."
      Der Rezeptionist drehte sich auf seinen Schreibtisch um und griff sich drei Umschläge, die auf seinen Tisch lagen.
      "Japp, ich weiß Bescheid. Ich hab hier drei Überstellungsorder nach Afghanistan für sie."
      Erland, Müller und Kascheski klappte der Mund auf.
      "Was?", fragten sie ungläubig. Der Rezeptionist hob abwehrend die Hände.
      "Mehr kann ich auch nicht sagen. Die Erklärungen sollten in den Briefen stehen", antwortete er nur.
      "Das will ich auch hoffen", knurrte Müller nur. Er hatte sich schon so darauf gefreut, hier in Deutschland ein paar ruhige Monate zu verbringen.
      Erland winkte die beiden, ihn ein paar Schritte weit zu folgen, bevor er den Brief öffnete.
      Alle drei Briefe hatten ungefähr denselben Inhalt. Die IT in Afghanistan hatte herausgefunden, wo sich die drei Deserteure versteckt hielten. Es war ein abgelegenes Dorf im Süden von Afghanistan. Mitten im Einsatzgebiet der US-Amerikaner.
      Da man aber die Sache möglichst geheim halten wollte und sicherlich nicht den US-Amerikaner etwas verraten wollte, war man gezwungen, auf die bereits eingeweihten Soldaten zurückzugreifen. Und das waren in erster Linie Erland, Müller und Kascheski. Die schon eingewiesenen Feldjäger in Afghanistan, sollten wohl nicht hinzu gezogen werden. Vor Ort sollten die drei dann mit den Amerikanern zusammenarbeiten und das Versteck ausheben.
      Ein Kampfeinsatz also. Müller musste schlucken. Kascheski war bleich wie die Wand geworden und Erland Gesicht war wie aus Stein gemeißelt.
      "Das kann doch jetzt nicht wahr sein", murmelte er nur. Müller wollte zu einen lockeren Spruch ansetzten, aber der blieb ihn im Hals stecken. Ihn hatte es buchstäblich die Sprache verschlagen.
      "Ich werde ein paar Telefonate führen, aber ich glaube, daran wird sich nichts ändern", meinte Erland nur. Müller musste ihm zustimmen. Unter Garantie hatte sich das irgend so ein Heini im Verteidigungsministerium ausgedacht, dem vermutlich langsam die Luft ausging.
      Und der würde mit Sicherheit keinen Rückzieher machen.
    • Kommt nur noch ein Teil. Dann ist auch Schluß. Ich will die Geschichte nicht künstlich in die Länge ziehen.
      Aber beim letzten Teil muss ich noch ein wenig die Fakten überprüfen.
    • Vorwort:
      Wie gesagt, musste ich noch einge technischen Fakten überprüfen. Vermutlich wäre es hier niemanden aufgefallen, aber ich möchte meinen Geschichten möglichst einwandfrei haben, deswegen die Verzögerung.
      Und dann wollte ich noch einen Hauch Sarkasmus und Galgenhumor einbauen. Ich hoffe, es ist mir gelungen und auch wenn sich das Genre der Geschichte ein wenig geändert hat.

      Teil IV:
      So kam es schließlich auch. Keine 8 Stunden später saßen sie bereits in einer Transall in Richtung Afghanistan. Diesmal war die Maschine vollbesetzt mit anderen Soldaten, die ebenfalls dorthin geflogen wurden. Kascheski, Erland und Müller mischten sich einfach unter sie.
      Kascheski fühlte sich immer noch sichtbar unwohl bei den Gedanken daran, in den Krieg zu ziehen. Erland war zwar schlecht gelaunt, aber hochkonzentriert. Müller war Afghanistan schon gewohnt und reagierte daher mit einer Abgebrühtheit, die ihn selbst überraschte. Die Stimmung der drei war aber sehr schlecht.

      Am Flughafen Kabul angekommen, wartete bereits ein Jeep der US-Armee auf sie. Erland, Müller und Kascheski verabschiedeten sich locker von den anderen Bundeswehrsoldaten, die ihnen verwunderte Blicke hinterher warfen, als sie zu den wartenden US-Soldaten gingen. Die drei Soldaten konnten darüber noch nicht einmal mehr den Kopf schütteln. Ihre Laune war schon zu tief dafür gesunken.
      Am US-Jeep wurden ihre Papiere kurz überprüft, bevor man sie bis zum anderen Ende des Flughafens fuhr. Dort wartete ein US-Transporthubschrauber auf sie.
      Auf einen Wink der US-Soldaten hin, warfen die drei Bundeswehrsoldaten ihr Gepäck und ihre Waffen in den Hubschrauber und stiegen ein. Alle drei wollten gerade etwas sagen, als der Pilot bereits die Rotoren startete. Eine Unterhaltung war damit sofort unmöglich gemacht. Ob das jetzt Absicht war, oder nicht, vermochten die Soldaten nicht zu sagen. Auf jeden Fall war damit ihre Stimmung auf den Tiefpunkt angekommen.
      Trotz des Lärms, fand Müller es faszinierend, wie der Hubschrauber senkrecht aufstieg und der Boden schnell in einer Schwindelerregenden Höhe verschwamm.

      Nach einem langen und sehr lauten Flug wurde der Hubschrauber irgendwann langsamer. Er sank zu Boden. Müller schaute aus dem Fenster. Am Hubschrauberflug fand er jetzt gar nichts mehr faszinierend. Und „Laune auf Tiefpunkt“ musste er nach dem stundenlangen, lärmenden Flug erstmal neu definieren. Unten war ein Militärlager zu sehen.
      Der Hubschrauber sank tiefer. Staub wirbelte auf. Schließlich rumpelte es einmal und die Maschinen erstarben langsam. Sie waren gelandet.
      "Zum Glück", dachte Müller nur.
      Sie kletterten aus dem Hubschrauber. Ihr Gepäck warfen sie relativ achtlos auf den staubigen Boden. Ihre Waffen daneben. Erstmal wollten sie ihre steifen Glieder recken. Dazu hatten sie nämlich im engen Hubschrauber kaum Gelegenheit gehabt.
      Ein paar US-Soldaten kamen auf sie zu. Erland trat vor und stellte sie der Reihe nach vor. Er hatte nicht nur den höchsten Rang, sondern sprach auch das beste Englisch von ihnen. Und das mit dem Englisch war irgendwie das Ausschlaggebende.
      Kurz darauf diskutierte er hitzig mit den US-Soldaten. Aber offenbar ging es nur über irgendwas Nebensächliches. Sofern Müller richtig verstand, ging es um die Zeitplanung. Kascheski trat neugierig vor. Jetzt, nachdem sie in Afghanistan waren, war sie nun absolut ruhig und konzentriert. Und neugierig war sie auch. Müller hielt sich hingegen völlig aus der Planung heraus. Er bevorzugte diesmal die zweite Reihe.
      Schließlich hatten sich die Soldaten geeinigt. Erland ging zum Hubschrauber zurück und schulterte sein Gepäck.
      "Und? Was ist raus gekommen?", fragte Müller ihn. Er und Kascheski schulterten ebenfalls ihr Gepäck und nahmen ihre Waffen.
      "Wir übernachten hier und morgen früh zerschlagen wir das Versteck dieser Bande", teilte Erland den anderen beiden mit. Sie gingen los.
      "Bande?", fragte Kascheski. Erland zuckte mit den Achseln.
      "Sie haben sich wohl mit einigen Einheimischen eingelassen", antwortete er achselzuckend.
      Den drei Deutschen wurde ein Zelt zugewiesen, was sie auch für sich alleine hatten. Das war den Dreien nur recht. Sie warfen ihr Gepäck relativ achtlos neben den Feldbetten hin. Wichtiger war ihnen das, was Erland in der Hand hielt. Dort hatte er nämlich einige Karten und Pläne, die er dem US-Offizier abgenommen hatte. Unter anderen waren darauf Luft und Satellitenaufnahmen von einem verlassenden afghanischen Dorf zu sehen. Dort sollen sich die Gesuchten aufhalten.
      Es war auf jeden Fall ein ziemlich klägliches Versteck. Einige Häuser waren schon eingestürzt. Alles war karg, trostlos und öde. Das größte Haus war jedoch mit Infrarotaufnahmen eingefärbt. Mehrere Personen waren dort zu sehen. Das war ihr Ziel.
      Die drei grübelten ziemlich lange über den Karten. Schließlich deutete Müller auf ein kleineres Haus am Rand einer Felskante und sagte: "Das Haus ist perfekt für einen Ausgangspunkt für einen Angriff."
      Erland und Kascheski nickten. Sie sahen das ganz genauso.

      "Jo, das Haus war wirklich perfekt", dachte sich Müller am nächsten Tag. Er selbst stand neben dem Fenster des besagten Hauses, dass aus den hier üblichen braunen und ockerfarbenen Lehmziegeln gebaut war. Wenn er nach draußen schaute, sah er stets ihr Ziel: Ein zweistöckiges Gebäude mit einem Schrägdach. Was ziemlich selten in Afghanistan war. Vermutlich deshalb war es auch von den Deserteuren als Ziel ausgewählt worden.
      Der erste Teil des Planes war perfekt verlaufen. Sie sind an der Felskante entlang geschlichen und haben sich hier im Haus versteckt und planten gerade die letzten Schritte. Luftbilder waren zwar schön, aber nicht perfekt. Darum mussten sie noch einmal ihre Taktik durchsprechen, nachdem sie die Szenerie hier gesehen hatten.
      Die US-Soldaten hatten einen Klapptisch mitgebracht, wo die Pläne ausgebreitet lagen. Erland plante dort, zusammen mit dem US-Offizier, ihre nächsten Schritte. Kascheski und zwei weitere US-Soldaten standen ebenfalls dort dabei. Abgesehen von Müller, befand sich noch ein weiterer Soldat im Raum. Das war ein stämmiger US-Amerikaner mit einem M249. Soviel Müller wusste, war diese Waffe als leichtes MG klassifiziert. „Leicht“ war es aber wohl auch nur, wenn man es nicht schleppen musste.
      Die restlichen US-Soldaten waren mit standardmäßigen M16-Gewehren bewaffnet, die drei Deutschen trugen G36-Gewehren. Da Müller aber seinen Team Feuerschutz geben sollte, war seines mit Zweibein und Trommelmagazin aufgerüstet.
      Eine Kugel sirrte und schlug in das Haus ein. Müller sah, dass vom Feindhaus auf sie geschossen wurden. Er überlegte, ob er das Feuer erwidern sollte, verwarf den Gedanken aber schnell. Er würde am Fenster ein zu gutes Ziel abgeben, das merkte er sofort.
      Dass ihre Anwesenheit nicht lange geheim bleiben würde, war ihnen ohnehin schon klar gewesen. Aber noch ließen sich die Soldaten nicht sonderlich davon stören und besprachen die letzten Einzelheiten. Das Feindfeuer wurde vom einen Moment auf den nächsten heftiger. Immer mehr Kugeln schlugen nun auch ins Innere der Hütte ein. Die Soldaten ließen die Pläne zusammenrollen und gingen in die Hocke.
      Nun würde es losgehen. Müller bekam das Startsignal kaum mit, da er eher auf Draußen achtete. Der MG-Schütze gab einen langen Feuerstoß durch die Tür ab. Müller zögerte noch. Es war unnötig ebenfalls zu feuern.
      Die anderen Soldaten stürmten aus der Tür raus. Der US-Schütze hinterher. Müller bildete das Schlusslicht. Ihr Trupp rannte nach links und die Steigung hinab. Der Trupp sollte die Feindstellung flankieren und von der Seite aus angreifen. Müller und der MG-Schütze rannten nach rechts. Sie gaben den anderen Feuerschutz.
      Der US-Schütze warf sich neben Müller in den Sand und eröffnete sofort das Feuer. Müller rannte noch ein Stück weiter und warf sich dort erst auf den Boden.
      Ihre Gegner ließen sich davon nicht irritieren. Sie feuerten immer noch beharrlich aus den Fenstern ihres Hauses. Ihre Zielgenauigkeit war aber gering und keine Kugel kam ihnen besonders nahe.
      Müller legte sein Gewehr an und legte den Sicherungshebel um. Durchgeladen war die Waffe ja schon. Aber er zögerte noch zu schießen. Irgendwie konnte er sich nicht überwinden abzudrücken. Der US-Schütze neben ihn feuerte dagegen fast ununterbrochen. Eine Kugel schlug direkt neben ihm ein. Müller spannte die Muskeln an und eröffnete ebenfalls das Feuer, - zu seiner eigenen Überraschung. Das G36 eignete sich nicht so gut für Dauerfeuer, also gab er nur kurze Feuerstöße ab.
      Das war Müller nur recht. Durch die Mündungsblitze sah er ohnehin nicht, ob er was getroffen hatte, oder nicht.
      Aber ihr Plan ging irgendwie nicht richtig auf, fand Müller. Das Gegenfeuer wurde nämlich stärker. Immer mehr Kugeln schlugen in ihre Nähe ein. Die beiden Soldaten schossen jetzt fast pausenlos im Dauerfeuer, aber ohne sichtbaren Erfolg. Ganz im Gegenteil. Die Mündungsblitze an der Feindstellung nahmen sogar noch zu.
      Müller warf den anderen MG-Schützen einen schnellen Blick zu. Er überlegte gerade, ob sie sich in die Hütte zurückziehen sollten, als plötzlich ein Apache-Kampfhubschrauber hinter dem Haus auftauchte. „Wo kommt der denn jetzt her?“ Die beiden Soldaten stellten verblüfft das Feuer ein.
      Dann überschlugen sich die Ereignisse. Die feindlichen Schützen im Haus hatten die Gefahr noch nicht einmal bemerkt, als der Apache auch schon drei Raketen aus kurzer Distanz abfeuerte. Zwei Raketen schlugen sofort in die Rückseite des Hauses ein. Die ganze Feindstellung ging in Flammen auf. Feuer und Rauch schlug aus allen Fenstern und Ritzen.
      Die dritte Rakete taumelte jedoch über das Haus hinweg, Müller konnte gerade noch den Flug mit den Augen verfolgen. Dann war die Rakete schon über ihm weggeflogen und schlug in die Hütte hinter ihm ein. Müller drehte sich blitzschnell um und konnte erstarrt zusehen, wie eine Feuerwalze seinen MG-Kollegen verschlang. Hitze zog über seinen Kopf hinweg. Etwas zupfte an seinen Hals. Dann wurde alles schwarz vor Augen.

      Das nächste was er bemerkte, war, wie die anderen Soldaten um ihn herum hockten und sich an seinen Hals zu schaffen machten. Er spürte, wie sie ihm eine Spritze gaben. Und wie ihm das eiskalt anfühlende Betäubungsmittel, wieder aus der Wunde spritzte und über seinem Hals floss. Er biss die Zähne zusammen, - oder versuchte es zumindest. Er spürte, wie sie seinen Hals abtupften und versuchten ihn zu nähen. Er hörte Kascheskis beruhigende Worte und spürte Erlands kühle Professionalität. Ruhig schloss er wieder die Augen, die er kaum richtig geöffnet hatte. Seine Gedanken drifteten ab.
      Nun: Er musste es positiv sehen. Nun war die ganze Sache wenigstens zu Ende. Er würde mit einem Lazarettflugzeug zurück nach Deutschland geflogen werden. Wenn er wieder genesen war, hätte er höchstens noch 7 Monate Wachdienst in einer Kaserne in Oberfranken abzuleisten. Das hatte man ihm schon mitgeteilt. Von dort aus, könnte er jedes Wochenende zu Kati fahren. Nach den 7 Monaten wäre seine Dienstzeit schließlich auch zu Ende. Und dann würde er endlich mit Kati zusammenziehen. Das hatten sie schon lange geplant. Er musste nie wieder hierher zurückkommen. Er war endlich aus dieser ganzen Nummer raus.
      Nun war die Geschichte auch für ihn zu Ende.



      Bild in Spoiler gepackt | Grano | 06.02.14

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    • Hmmm..... also ehrlich gesagt haben mir die anderen Teile besser gefallen.
      Bei diesem hier... gerade der Anfang.... es kommt so rüber, als ob du Schwierigkeiten beim Schreiben hattest. Als ob es nicht so leicht von der Hand ging, wie die anderen Teile.
      Ab der Stelle, wo sie das Haus beziehen und sich mit den US-Soldaten absprechen "Jo, das Haus war wirklich perfekt" geht es dir scheinbar leichter von der Hand, zumindest wird es ab da wesentlich besser.
      Doch das Ende ist - für meinen Geschmack - etwas zu abrupt. Er wird verwundet, bekommt noch grob mit, dass er scheinbar verarztet wird, denkt noch an seine Freundin - und Ende.
      Selbst WENN er nun an seiner Verletzung gestorben sein sollte. Ich fand das Ende dennoch irgendwie... da fehlt ein Satz, irgendetwas, was das Ganze ein wenig abrundet und nicht so "Geschichte, Geschichte, Geschichte - Ende" ...verstehst du was ich sagen will?

      Sowas wie:

      "Er musste nie wieder hierher zurückkommen. Er war endlich aus dieser ganzen Nummer raus. Endlich war es zu Ende."

      oder

      "Er musste nie wieder hierher zurückkommen. Er war endlich aus dieser ganzen Nummer raus. Es war endlich alles vorbei."

      oder

      "Er musste nie wieder hierher zurückkommen. Er war endlich aus dieser ganzen Nummer raus. Nun war die Geschichte auch für ihn zu Ende. ...endlich zu Ende."


      Damit "rundest" du das etwas ab.
      Zuvor schreibst du ja aus seiner Perspektive, er ist schwer verletzt - wird vermutlich nicht überleben, ganz egal ob es ihm selbst bewusst ist oder nicht - die Chancen stehen 50-50. Und auf einmal springst du dann im letzten Satz "Das war auch für ihn das Ende." - das kommt zu nüchtern rüber. Erst hast du seine Gedanken, die viele Emotionen auslösen (er denkt an seine Freundin und macht sogar Zukunfspläne) und dann auf einmal "Ja und jetz ist die Geschichte Ende und er ist wohl auch tot."


      Aber dennoch freu ich mich darüber, dass du dich doch noch dazu durch gerungen hast diesen Teil zu schreiben.
      Vom Inhalt her kann ich in keiner Weise etwas bemängeln. Da gefällt mir alles. (Wenn ich auch gerne mehr lesen würde... wäre irgendwie blöd, wenn er jetzt wirklich gestorben ist. Oder schreib doch noch einen Part, der aus Sicht seiner Freundin ist, welche die Nachricht erhält, dass er verstorben ist. Oder eben doch ein Happy End, wo er nach Hause zurück kehrt und sie dann ihre gemeinsame Zukunft in Angriff nehmen.)

      Ich hoffe jedenfalls ich kriege noch mehr von dir hier im Geschichten-Bereich zu lesen. ;)

      Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von Hina_Sakamoto ()

    • Ich hab nie geschrieben, daß er stribt. Ganz im Gegenteil hab ich darauf hingedeutet, das er überlebt.

      Ich muss jedoch schon zugeben, das vieles im letzten Teil nicht so ganz gelungen ist. Das liegt aber zum größten Teil daran, das die technischen Fakten mir einen Streich gespielt haben und ich große Teile wieder neuschreiben musste.